(Oranienburg) Jeder Bürger, der im Besitz einer Rechtsschutzversicherung ist, kann bei einem Streitfall die Versicherung in Anspruch nehmen und einen Rechtsanwalt beauftragen. Die Frage nach der Erfolgsaussicht hat hier nichts zu suchen. Das ist nichts anderes als bei der Krankenversicherung. Da gehen Sie auch zum Arzt und freuen sich, wenn der Ihnen sagt, dass alles gar nicht so schlimm ist. Und dennoch: Die Rechtsschutzversicherer in Deutschland versuchen in letzter Zeit verstärkt, ihre Kunden (Versicherungsnehmer) von der Inanspruchnahme des Versicherungsvertrages – also der Beauftragung eines Anwaltes – abzubringen. Warum dies? Ganz einfach, weil Rechtsschutzversicherer auf Gewinnerzielung gerichtete Unternehmen sind.
Folgender Ablauf ist typisch. Der Bürger (=Versicherungsnehmer) hat ein rechtliches Problem. Vielleicht hatte er einen Unfall, ist geblitzt worden oder hat Streit mit seinem Nachbarn. Jedenfalls ruft er bei seiner Rechtsschutzversicherung an und fragt nach der Deckung der Kosten. Schließlich hat die Versicherung ihm eine schicke Plastikkarte geschickt, auf der eine kostenlose Hotline-Nummer angegeben ist. Nun geht es los. Die Versicherung bietet dem Kunden eine sogenannte „Unterstützungsleistung“ an, gelegentlich wird dies auch als Mediation bezeichnet. Ziel dieser Leistung ist aber einzig und allein, den Kunden davon abzuhalten, eine kostenpflichtige Rechtsdienstleistung – in Form der Beauftragung eines Anwaltes – in Anspruch zu nehmen. Meist erfolgt eine rechtliche Würdigung des Falles und die Auskunft „da haben Sie keine Chance“, oder „das hat keinen Sinn“. Dabei wird zum einen schon übersehen, dass nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) von dem Versicherer gar keine Rechtsberatung durchgeführt werden darf. Dies hat auch seinen Sinn. Schließlich haben Rechtsanwälte und insbesondere Fachanwälte eine langjährige Ausbildung absolviert. Bei Fachanwälten kommt eine lange Berufserfahrung und Spezialisierung dazu. Zum anderen wird dem Kunden einfach verschwiegen, dass er ein Recht auf einen frei gewählten Anwalt hat, und zwar aus dem Versicherungsvertrag. Lassen Sie sich also nicht von der Versicherung „schadensmanagen“ und bestehen Sie auf Ihr Recht, einen Fachanwalt zu beauftragen. Und denken Sie daran: Die Versicherung will ihren Gewinn vergrößern, indem sie den Aufwand reduziert. Machen Sie hier nicht mit! In der Praxis fahren Sie am besten, wenn Sie zuerst den Anwalt aufsuchen und diesen die Anfrage bei der Rechtsschutzversicherung stellen lassen. Kommt dann ausnahmsweise eine begründete Ablehnung, stellen seriöse Anwälte dem Mandanten für diese Anfrage keine Kosten in Rechnung. Sehr häufig läuft es aber so ab, dass die Rechtsschutzversicherer bei Beantragung durch den Rechtsanwalt anstandslos die Deckungszusage erteilen. Weil sie nämlich wissen, dass der Kunde zu diesem Zeitpunkt bereits durch den Anwalt über seine Rechte aufgeklärt ist.
Autor: Dr. Henning Karl Hartmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Oranienburg bei Berlin