Radarmessung angreifbar: Aufmerksamer Messbetrieb erforderlich (Messbeamter schlafend!)

Es gibt unterschiedliche in Deutschland zugelassene Geschwindigkeitsmessgeräte. Im Wesentlichen sind dies, neben den fest installierten Induktionsschleifen, Lichtschrankenmessgeräte, Lasermessgeräte – und eben Radarmessgeräte. Um diese soll es heute gehen. Es handelt sich insbesondere um zwei Geräte, die in Deutschland zur Geschwindigkeitsmessung mittels Radar eingesetzt werden: Das Multanova 6F und das Traffipax Speedophot.

Häufig gelingt es, die Messung mit diesen Geräten erfolgreich anzugreifen. Denn hier ist einiges von dem Bedienpersonal zu beachten, und bei konkreten Nachfragen des versierten Verteidigers kommen die Messbeamten meist ins Schlingern. Die Folge: Verfahrenseinstellung oder Freispruch.

Zunächst geht es um die korrekte Einhaltung von Fotowinkel und Messwinkel wenn der Messbeamte hier „wackelt“ und die konkreten Zahlen und Bedienvoraussetzungen nicht kennt, wie soll er dann eine verwertbare Messung bewerkstelligen? Weiterhin sind Anforderungen an den Aufbau bei Kurvenmessungen zu stellen. Was aber ist eine Kurve, ab wieviel Meter Krümmungsradius hat eine Messung nach der Gebrauchsanleitung zu unterbleiben? Wie lang muss (exakt, in Metern!) das Geradenstück sein, wenn der Abstand zum Fahrstreifen 2,5, oder 8 Meter beträgt? Ich werde es an dieser Stelle nicht verraten. Nur ein Tipp an die Beamten: es steht auf S. 29 der Gebrauchsanweisung des Multanova-Gerätes.

Nächster Punkt: Bei einer Front- und Heckmessung müssen jeweils ein Beamter im Auto sitzen, insgesamt also zwei. Dies wird oft nicht eingehalten. Die Folge: Freispruch bzw. Verfahrenseinstellung (§ 47 II OWiG). Die Beweislast, also die Bringschuld für die Voraussetzungen einer unangreifbaren Messung, haben nicht Sie als Betroffener, sondern die Ermittlungsbehörde! Wenn die Ermittlungsbehörde (Polizei bzw. Ordnungsämter) den Nachweis nicht bringen kann, müssen Sie freigesprochen werden.

Weiter ist die Möglichkeit von Knickstrahlreflexionen auszuschließen. Was ist eine solche Reflexion und wie kann sie entstehen? Welche Gegenstände können sie verursachen und wie müssen diese positioniert sein? Sie merken, hier gibt es zahlreiche Ansatzpunkte für die Verteidigung.

Heute soll es aber um eine ganz spezielle Voraussetzung gehen, nämlich den sogenannten „aufmerksamen Messbetrieb“. Nach der Bedienungsanleitung des Gerätes Traffipax hat nämlich der Bediener des Messgerätes das Messverhalten des Gerätes aufmerksam zu verfolgen. Insbesondere ist die Beobachtung der Signallampe (ein Teil des Handgerätes) erforderlich. Hierzu gehört die Erkennung von Reflexionsmessungen. Besteht der Verdacht, dass die Messstelle zur Knickstrahlreflexion fähige Reflektoren aufweist, so kann deren Messwirksamkeit durch Beobachtung der Signallampe am Handgerät erkannt werden. Wenn die Signallampe bereits vor dem eigentlichen Messbereich aufleuchtet, was insbesondere bei LKWs auftreten kann), ist der Verdacht auf Knickstrahlreflexion bestätigt. Wenn bei reduzierter Reichweite immer noch Knickstrahlreflexionen auftreten, ist die Messstelle aufzugeben. Und weiter besagt die Bedienungsanleitung: „Messung ohne eine aufmerksame Beobachtung des Messvorganges sind durch den Bediener festzuhalten und bei der späteren Bearbeitung nicht zu berücksichtigen…im Zweifel ist der Messbetrieb zu unterbrechen“.

So weit, so gut. Nun zur Umsetzung dieser Vorgaben in der Praxis. Zum einen werden oft Messserien mit mehreren tausend Fahrzeugen in wenigen Stunden vorgelegt. Wie hier ein aufmerksamer Messbetrieb hinsichtlich jeder einzelnen Messung erfolgen kann? Antwort: Gar nicht.

Aber es geht noch besser. In einem kürzlich geführten Verfahren hat ein Betroffener diese Voraussetzung des „aufmerksamen Messbetriebes“ eindrucksvoll widerlegen können. Folgendes war passiert: Nach dem „Blitz“ ist der betroffene Fahrer umgekehrt, hat sich an den Messwagen des Ordnungsamtes heran geschlichen und hat den Messbeamten des Ordnungsamtes (welches dies war, wird hier taktvoll verschwiegen) selig schlafend am Steuer erblickt – und den schlafenden Beamten fotografiert! Der Freispruch in dem Verfahren war nur noch Formsache und erfolgte unter einigem Gelächter.

Haben Sie Fragen zu Geschwindigkeitsmessungen? Mehr Informationen hierzu finden Sie unter www.onlinerechtsberatung.de

 

 

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Autor: Dr. Henning Hartmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Strafverteidiger