Das OLG Thüringen hat kürzlich ein Interessantes Urteil zu der Frage gefällt, wann ein Verstoß gegen das Verbot, am Steuer zu telefonieren, mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden kann. Dies ist für viele Autofahrer von Bedeutung. Schließlich geht es hierbei nicht nur um ein Bußgeld, sondern auch um einen Punkt in Flensburg. Und der kann seit Inkrafttreten der Flensburger Punktereform bekanntlich teuer werden.
Kernsatz: die bloße Beobachtung durch Polizeibeamte, dass der Beschuldigte eine Bewegung gemacht hat, die auf ein Telefonieren hindeutet, reicht NICHT aus. Es bedarf nach Auffassung des OLG Thüringen vielmehr eindeutiger Beweise (Az.: 1 Ss Rs 26/13) für eine Verurteilung. Ansonsten hat das Amtsgericht einen Freispruch zu fällen.
Aber nun zu diesem konkreten Fall, an dem man die angesprochenen Prinzipien sehr gut nachvollziehen kann. Folgendes war passiert: Bei einer Kontrolle hatten zwei Polizeibeamte einen Fahrzeugführer beschuldigt, während der Fahrt mit einem Mobiltelefon „hantiert“ zu haben. Die Kontrolle des Autofahrers durch die Polizisten habe ersterer dann bemerkt. Beim Anblick der Beamten habe er seine Hand schnell vom Ohr genommen und in Richtung der Mittelkonsole bewegt.
Gegen den Bußgeldbescheid legte der Betroffene fristgerecht durch seinen Anwalt Einspruch ein. Das Amtsgericht verurteilte in der Höhe des Bußgeldbescheides. Doch der Betroffene, der im Besitz einer Rechtsschutzversicherung war, gab nicht auf. Er legte Rechtsbeschwerde in Form der Zulassungsbeschwerde ein. Und er hatte Erfolg.
Interessant: Das Thüringer Oberlandesgericht hob das Urteil der Vorinstanz, in dem die Entscheidung der Bußgeldstelle im Hinblick auf die Zeugenaussagen der Polizeibeamten bestätigt worden war, auf. Für eine Verurteilung reichte ihm allein die Beschreibung, der Autofahrer habe „eine Handbewegung in Richtung Ohr gemacht, die typisch für die Nutzung eines Mobiltelefons ist“, gerade nicht aus. Hierfür müssten schon konkretere Beweismittel vorgelegt werden. Ansonsten sei entsprechend dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugunsten des Betroffenen zu entscheiden. Und das bedeutet nun einmal, ob es den Polizeibeamten gefällt oder nicht, Freispruch bzw. Einstellung des Verfahrens.
So sei es vorliegend gewesen. Obwohl die Polizeibeamten den Beschwerdeführer angehalten und die geschilderten Beobachtungen gemacht hatten, nämlich das „Hantieren“ mit einem Gegenstand, konnten sie keinen eindeutigen Beweis für einen Verkehrsverstoß erbringen. Die Folge: Verfahrenseinstellung. Die Kosten des Verfahrens gingen ebenfalls zu Lasten der Staatskasse.
Eine höchst begrüßenswerte Entscheidung, die wieder einmal deutlich macht, dass die Ermittlungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Polizei) es sich nicht zu einfach machen dürfen. Sie müssen gründlich ermitteln, wenn sie die Bestrafung eines Bürgers herbei führen wollen. Ansonsten hat eine solche Bestrafung zu unterbleiben. Grundsätzlich ratsam ist in diesem Zusammenhang der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung. Diese trägt die Kosten des Verfahrens, ungeachtet seines Ausgangs. So kann jede Entscheidung der Bußgeldstele – ohne Risiko, auf Kosten hängen zu bleiben – angegriffen werden.
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